Doch die Sehnsucht nach dem Fliegen ließ diese Männer nicht los. Man traf sich nach dem Ende des Krieges, nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft, bei Dünnbier und nach der Währungsreform auch wieder bei Märzenbier und Bock. Es gab so viel zu erzählen und immer wieder stand dabei das Fliegen im Vordergrund. Heimlich bauten sie Modelle, welche dann selbstverständlich auch im Unteren Stadtteich flogen. Es war zwar auch dieses untersagt, aber die Begeisterung - der "Rhöngeist" - für das lautlose Gleiten und Fliegen war eben stärker. Im August 1950 erlaubte dann endlich die Hohe Kommisssion die Gründung von Interessengruppen und Vereinen, die sich dem Segelflugsport widmen wollten. Es war vor allem Robert Lochner, der die Flugbegeisterung in den Jahren des Verbotes wach hielt. Er war der Mittelpunkt einer aus Willi Venzl, den Brüdern Adolf und Franz Giehl, Georg Hofmann, Albert Schenkl, Paul Meierl, Erwin Grundler, Walter Würl und Karl Ziegler bestehenden Gruppe, die den festen Willen hatte, eines Tages wieder zu fliegen und die sofort nach der Freigabe des Segelfluges durch die Alliierten die Gründung eines Segelflugvereines in die Wege leitete. Dann endlich war es soweit. Mit Lautsprecherwagen und allen Möglichkeiten, die zur Verfügung standen, wurde zur Gründungsversammlung am 26. Mai 1951 ins Bahnhofshotel Mehler eingeladen. Alle waren sie gekommen an diesem Samstag. Die Versammlung wurde um 20.30 Uhr durch Dr. Ferdinand Nickl, der sich zum Sprecher der bisher bestehenden Interessengemeinschaft für den Segelflug machte, eröffnet. Nach der Begrüßung und den einleitenden Worten verlas Dr. Nickl die vorbereitete Satzung, welche von den Versammelten einstimmig genehmigt wurde. Daran schloss sich die Wahl der Vorstandschaft an. Mit 60 von 61 abgegebenen Stimmen wurde Dr. Ferdinand Nickl in geheimer Wahl zum ersten Vorsitzenden des Segelflug-Club Stiftland e.V. gewählt. Sodann übernahm Dr. Nickl offiziell den Vorsitz und schlug die weiteren Vorstandsmitglieder zur öffentlichen Wahl vor.
2. Vorsitzender | Herr Karl Schöner aus Waldsassen |
Schriftführer | Herr Karl Ziegler aus Tirschenreuth |
Kassier | Herr Franz Giehl aus Tirschenreuth |
Ausbildungsleiter | Herr Karl-Emil Goerke aus Wiesau |
Technischer Leiter | Herr Berhard Schmid aus Tirschenreuth |
An der Wahl haben sich nur diejenigen Versammlungsmitglieder beteiligt, die ihren Beitritt als Mitglied zum Segelflugclub erklärt hatten.
Anschließend fand die erste Mitgliederversammlung des Vereins mit der einzigen Tagesordnung "Festsetzung der Mitgliederbeiträge" statt. Die Mitgliederversammlung beschloss einstimmig, dass der Beitrag für das Geschäftsjahr 1951/1952 (1. Juni 1951 bis 31. März 1952) für aktive und passive Mitglieder monatlich mindestens 1,- DM beträgt. Für Jugendliche unter 18 Jahren 0,50 DM. Ehrenmitglieder zahlen keine Beiträge. Eine Aufnahmegebühr wird nicht erhoben.
Es schloss sich eine freiwillige Sammlung unter den Vereinsmitgliedern an, welche einen Betrag von 67,00 DM erbrachte. Die Versammlung schloss um 22.30 Uhr nach der Vorführung von zwei Segelfliegerfilmen. Diese Filme, Alpensegelflug aus der Vorkriegszeit und Hubschleppversuche aus der Kriegszeit, stammten aus dem Archiv der Akaflieg München e.V.(Flugtechnische Forschungsgruppe an der Technischen Hochschule ) und wurden durch Kamerad Robert Lochner beschafft und auch kommentiert.
Er war auch der Allererste vom alten Stamm, der sich nach dem Krieg wieder in die Lüfte erheben konnte. Als Student trat er in München sofort der Akaflieg bei und setzte dort unverzüglich seine fliegerische Laufbahn fort - was ihm nach seinen Verdiensten um die Gründung des SFC Stiftland von Herzen zu gönnen war.
Unterschriften der Gründungsmitglieder anlässlich der ersten Mitgliederversammlung am 26. Mai 1951 im Bahnhofshotel Mehler.
Am 18. Juli 1951 wurde der Segelflug-Club Stiftland, Sitz Tirschenreuth, in das Vereinsregister beim Amtsgericht Tirschenreuth eingetragen. Die Veröffentlichung der Eintragung im "Tirschenreuther Volksboten" wurde veranlasst.
Mit der Wahl von Notar Dr. Ferdinand Nickl zum ersten Vorsitzenden bewiesen die Gründungsmitglieder eine glückliche Hand. Er wurde der "Boss". Mit unermüdlichem Elan und unglaublicher Vitalität kurbelte er den Verein an. Aus dem Nichts wurde eine Kameradschaft und verschworene Gemeinschaft - vom Rhöngeist beseelt - zusammengeschweißt, welche einmalig war und in ganz Tirschenreuth und dem Stiftland anerkannt wurde.
So ging es auch sofort an die Arbeit. Der Versand eines Werberundschreibens brachte eine kleine Summe an Geld ein. Weitere Mittel flossen der Vereinskasse aus der Ausstellung eines "Grunau Baby II" im Sommer 1951 zu. Diese Maschine wurde freundlicherweise durch die Erbendorfer Segelflieger vom ebenfalls neu gegründeten AERO CLUB ERBENDORF zur Verfügung gestellt und auf dem Marktplatz in Tirschenreuth aufgebaut.
Grundau Baby II des Aeroclub Erbendorf vor dem Tirschenreuther Rathaus im Sommer 1951
Während dieser Werbe- und Informationsveranstaltung wurden durch die Mitglieder, sie waren alle mit neuen blauen Fliegerhemden von HATICO bekleidet, Rasierklingen, Streichhölzer und Luftballons verkauft. Mit diesem Startkapital begann Ende 1951 in der Schreinerwerkstätte Schraml in Wiesau der Bau einer Mü 13 E.
Robert Lochner erhielt zum günstigen Preis von 200,00 DM einen kompletten Satz Werkstatt-Zeichnungen für die Mü 13 E von Egon Scheibe, dem Inhaber des Scheibe-Flugzeugbaus und Mitglied der Akaflieg München.
Lange überlegte man sich zuvor, welches Flugzeug gebaut werden sollte. Nur ganz kurz wurde an einen "Zögling 33/38 gedacht, denn es kam in dieser Zeit die Doppelsitzerschulung auf und man entschied sich für einen modernen, leistungsfähigen Doppelsitzer.